Wenn der Präsident seinem Verband um fünf Jahre voraus ist: Der Gründungstag des Deutschen Behindertensportverbandes jährte sich am 4. Juli zum 70. Mal, wenige Wochen später feiert nun Präsident Friedhelm Julius Beucher seinen 75. Geburtstag. Bereits seit zwölf Jahren steht der „exzessive Ehrenamtler“ an der Spitze des größten Behindertensportverbandes der Welt und ist nach wie vor mit außerordentlichem Engagement für die Sache unterwegs – als Botschafter, Kümmerer, Kämpfer, Netzwerker sowie auch als großer Fan der Sportlerinnen und Sportler.
2009 wurde Friedhelm Julius Beucher nach seiner Pensionierung als Rektor einer integrativen Schule zum ehrenamtlichen Präsidenten des Deutschen Behindertensportverbandes gewählt. Zuvor war von 1990 bis 2002 Abgeordneter des Deutschen Bundestages, vier Jahre davon Vorsitzender des Sportausschusses. Seine Verbindung zum Behindertensport begann Anfang der 1990er Jahre, später wurde er Kuratoriumsvorsitzender des DBS. Seine ersten Paralympischen Spiele erlebte Beucher 1992 in Barcelona. „Damals wussten die Menschen nicht, wie man Paralympics überhaupt buchstabiert – heute kennen sie einige Athletinnen und Athleten mit Namen. Damals gab es nach den Spielen eine halbstündige Zusammenfassung in einem Gesundheitsmagazin – heute berichten ARD und ZDF über 60 Stunden live von den Paralympics“, betont Beucher und unterstreicht damit den rasanten Aufstieg des Para Sports.
Dazu hat der 75-Jährige auch selbst beigetragen. Mit seiner charmanten Hartnäckigkeit und großen Leidenschaft hat der Bergneustädter den Sport von und für Menschen mit Behinderung in Deutschland vorangetrieben und der Entwicklung seinen Stempel aufgedrückt. Beucher wirbt um Aufmerksamkeit für die beeindruckenden Leistungen und rückt „seine“ Athletinnen und Athleten auf die Bühne der Öffentlichkeit, für die er Respekt statt Mitleid einfordert – lautstark und mit Überzeugung. Für die Sportlerinnen und Sportler des Team Deutschland Paralympics hat er stets ein offenes Ohr und pflegt zu ihnen eine enge Bindung. Die wiederum schätzen den Einsatz des Kümmerers und die Nähe zu ihrem „Friedhelm“. „Sie sind die Leuchttürme, zu denen Jungen und Mädchen mit Behinderung aufblicken. Unsere Sportlerinnen und Sportler sind nicht nur erfolgreich, sie sind auch Vorbilder und Mutmacher für die Gesellschaft. Ihre Lebensleistungen faszinieren Menschen mit und ohne Behinderung“, sagt Beucher.
Diese Leuchttürme seien auch mit Blick auf den Breitensport von größter Bedeutung. „Wenn 55 Prozent der Menschen mit Behinderung angeben, nie Sport zu treiben, dann können und dürfen wir uns nicht zurücklehnen. Wir müssen endlich die Barrieren abbauen – in den Sportstätten und auch immer noch in den Köpfen. Menschen mit Behinderung sind eine Bereicherung für jede Sportgruppe“, betont Beucher kämpferisch. Auch von der Corona-Pandemie ließ sich der sonst so umtriebige Präsident nur teilweise ausbremsen. Zwar war er weniger quer durch die Bundesrepublik als Repräsentant und Netzwerker unterwegs, doch von der Schaltzentrale in der oberbergischen Heimat tat Beucher seine Meinungen und Ideen in unzähligen Videokonferenzen kund und telefonierte nicht selten dreimal pro Tag sein Handy-Akku leer. Ein Friedhelm Julius Beucher lässt sich eben nicht so leicht aufhalten, wenn es um seine Sache und seine Überzeugung geht.
Freilich agiert er dabei als Teamplayer. Und an Baustellen mangelt es nicht – ob Barrierefreiheit in Sportstätten und im öffentlichen Raum, Inklusion, Breiten- und Rehabilitationssport oder Nachwuchs. „Unser Ziel ist klar: Wir wollen, dass mehr Menschen mit Behinderung aktiv und in Bewegung sind. Sport erhöht die Lebensqualität und fördert auch die Mobilität im Alltag. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen auch durch die Corona-Pandemie mehr denn je alle an einem Strang ziehen: Wir im Deutschen Behindertensportverband mit unseren 17 Landes- und zwei Fachverbänden sowie ganz Sportdeutschland. Und letztlich ist es die Verantwortung und Verpflichtung von Politik und Gesellschaft, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Nur so kann die UN-Behindertenrechtskonvention konsequent umgesetzt und Teilhabe auch im Sport gelebt werden. Menschen mit Behinderung haben ein Recht darauf“, sagt Friedhelm Julius Beucher.
Und so wird er sich auch mit 75 Jahren noch nicht zur Ruhe begeben. Wenn in 34 Tagen die Paralympics in Tokio eröffnet werden, dann ist der Bergneustädter mittendrin statt nur dabei. Zum sechsten Mal wird er das Team Deutschland Paralympics als Delegationsleiter bei den Spielen anführen und gleichzeitig für mehr Aufmerksamkeit für die Athletinnen und Athleten trommeln sowie für den Sport von Menschen mit Behinderung generell kämpfen. Mit vollem Einsatz – auch im Alter von 75. „Wer ihn kennt, weiß, dass Friedhelm Julius Beucher nie zufrieden ist, wenn es um Akzeptanz, Aufmerksamkeit und Wertschätzung für „seine“ Athletinnen und Athleten geht. Zupackend, keine persönliche Mühe scheuend und dabei im Umgang zutiefst menschlich – das zeichnet Friedhelm Julius Beucher aus“, sagt DBS-Generalsekretär Torsten Burmester.
Der Deutsche Behindertensportverband gratuliert Friedhelm Julius Beucher zu seinem heutigen 75. Geburtstag. Wir wünschen unserem Präsidenten alles Gute und hoffen, dass er dem Verband noch einige weitere Jahre mit seiner Erfahrung und seinem Engagement zur Verfügung steht.