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Ein großer Kämpfer trotz vieler Rückschläge: Vor zwei Jahren ließ die Diagnose der chronisch myeloischen Leukämie (CML) die Paralympics-Träume von Benjamin Lenatz platzen, zuletzt bremste ihn eine Corona-Erkrankung aus – doch der Para Triathlet lässt sich nicht unterkriegen und möchte sich in den Leistungssport zurückkämpfen. Sein Ziel: bald wieder an Wettbewerben teilnehmen.

Benjamin Lenatz war auf dem besten Weg, sich für die Paralympics in Tokio zu qualifizieren. Die Ergebnisse waren vielversprechend, die Form stimmte – es hätte tatsächlich klappen können mit einer Teilnahme als Para Triathlet in Japan. „Ich hatte mein großes Ziel vor Augen“, betont der 37-Jährige – bis zu dem Tag, als eine niederschmetternde Krebs-Diagnose vorerst alle Träume zunichtemachte.

Im November 2019 hatte Lenatz sein Sabbatjahr begonnen. Alle Konzentration galt dem Sport. Mit seinem Arbeitgeber, der Stadtverwaltung Bergisch Gladbach, hatte er eine einjährige Auszeit vereinbart, um sich voll auf die Qualifikation für die Paralympischen Spiele in Tokio fokussieren zu können, die eigentlich 2020 stattgefunden hätten. Während eines Trainingslagers im Januar 2020 merkte er dann jedoch, dass etwas mit ihm nicht stimmte. Der Hückeswagener trainierte zu diesem Zeitpunkt auf Lanzarote, bereitete sich auf die Saison vor. „Ich fühlte mich nicht gut, war schlapp, bin damals aber zunächst noch von einem Magen-Darm-Infekt ausgegangen“, entgegnet er.

Doch tatsächlich waren das bereits die ersten Anzeichen seiner Krankheit: chronische myeloische Leukämie (CML) – ein seltener Blutkrebs, bei dem sich bestimmte weiße Blutkörperchen unkontrolliert vermehren. „Das haut einen erst einmal um. Und man fragt sich schon: Warum ich denn schon wieder“, erinnert sich Lenatz, der sich nach seinem schweren Quad-Unfall 2003 und der anschließenden Querschnittslähmung schon einmal auf beeindruckende Weise zurück ins Leben kämpfte. Aber aufgeben ist für ihn keine Option.

"Ich bin ein grundpositiver Mensch, doch es gab und gibt auch schwierige Momente"

Der ehrgeizige Sportler hat auch diesen Kampf angenommen. „Ich bin ein grundpositiver Mensch“, entgegnet er. Und das merkt jeder, der sich länger mit ihm unterhält. „Anders würde ich das wohl auch nicht schaffen. Ich habe durch meine Querschnittslähmung bereits eine Extremsituation kennengelernt und konnte mich dadurch ganz gut adaptieren an diese Krisensituation“, erklärt Lenatz, „aber ich will nicht verschweigen, dass es schwierige Momente gab und wohl auch noch geben wird.“  

Dass er ein zweites Mal auf brutale Weise aus seinem Lebensalltag herausgerissen wurde, musste er erst einmal verarbeiten. Seine Ehefrau Frauke ist dabei eine große Stütze für ihn. „Mein Sport“, sagt er, „hat mich gerettet. Als Leistungssportler kenne ich meinen Körper extrem gut, weiß, wie er reagiert. Wenn man gewohnt ist, an Leistungsgrenzen zu gehen und merkt plötzlich, dass dies nicht mehr geht, wird man hellhörig. Ich bin dem früh nachgegangen, in einem entsprechend frühen Stadium wurde der Krebs festgestellt.“

Die Prognose sei eine normale Lebenserwartung, CML sei gut zu behandeln. Es gibt Medikamente, mit denen die Krankheit in Schach gehalten werden kann – diese haben jedoch zum Teil heftige Nebenwirkungen. Bei Lenatz schlugen sie auf die Schilddrüse und das Herz. Inzwischen hat der Para Triathlet ein wesentlich verträglicheres Medikament gefunden, das er im Rahmen einer Studie ausprobiert. „Es geht bergauf. Das ist das erste Medikament mit sehr geringen Nebenwirkungen. Ich habe wieder begonnen, mich zu bewegen. Nun muss man schauen, wie es unter maximaler Belastung klappt“, sagt der Hückeswagener, der die große Hoffnung hegt, dass die Therapie anschlägt. Bestenfalls könne das Medikament nach vier bis fünf Jahren abgesetzt werden. „Dann hat man eine 50:50-Chance, dass der Krebs nicht zurückkommt.“

Ob und wie schnell es für Benjamin Lenatz zurück in den Leistungssport gehen kann, „das kann letztlich nur mein Körper beantworten.“ Der 37-Jährige will sich keinen Druck machen, sein Training möchte er behutsam und nach Kräften intensivieren und mit den Medikamenten in Einklang bringen. In diesem Jahr liege der Fokus allein auf der Rückkehr in den Sport, schauen, was möglich ist. „Mit dem Verband und dem Bundestrainer ist kommuniziert, dass ich versuchen werde, mich in den nächsten zweieinhalb bis drei Jahren zurückzuarbeiten. Wir werden sehen, ob das gelingt.“ Bei nationalen Rennen möchte Lenatz wieder Wettkampfluft schnuppern. Das ursprüngliche Vorhaben, im Juni in Berlin bei den Finals teilzunehmen, wird für ihn allerdings nicht zu erreichen sein. Denn zu allem Überfluss infizierte er sich auch noch mit dem Coronavirus. „Diese Zwangspause hat mich wieder ein paar Wochen gekostet“, sagt er. „Das war schon sehr ärgerlich, denn ich konnte gerade wieder ohne größere Einschränkungen trainieren.“

Ein Weg der kleinen Schritte: Krebs besiegen und zurück zum Wettkampfsport

Für den Hückeswagener ist es der Weg der kleinen Schritte. „Ob es nun Juli, August oder September wird, ist nicht so wichtig. Ich melde mich erst an, wenn ich mich gut fühle. Die Starts sollen Spaß machen und nicht deprimierend sein.“ Dass seine Partner ihm die Treue halten, erfüllt ihn mit großer Dankbarkeit. Sowohl die privaten Sponsoren wie auch die Sportstiftung NRW und die Deutsche Sporthilfe im Rahmen ihres Programms #comebackstronger unterstützen Lenatz weiterhin. Auch von Seiten der Trainer und des Verbandes erhält er Zeit und Unterstützung für eine bestmögliche Genesung. „Benny bekommt von uns jede Hilfe, die wir ihm geben können“, sagt Para Triathlon-Bundestrainer Tom Kosmehl.

Für sein Training hat sich Benjamin Lenatz mit einer Rolle für sein Handbike und seinen Rennrollstuhl zu Hause entsprechend eingerichtet. Auch die Sportart Rollstuhlbasketball sei für ihn ein guter Schritt zurück in die Bewegung. „In der Corona-Zeit hat die Gemeinschaft ziemlich gelitten, Basketball ist eine schöne Ergänzung zum Ausdauersport, wo man oft allein mit sich ist.“

Nächstes Jahr, so hofft Lenatz, kann er dann auch wieder internationale Rennen bestreiten. Ob WM- und EM-Teilnahmen bereits realistisch sind, sollen die kommenden Monate zeigen. In zwei Jahren finden dann die nächsten Paralympics statt. „Die Spiele sind für jeden Sportler der ganz große Traum und den möchte ich grundsätzlich auch nicht aufgeben. Doch an Paris möchte ich erstmal noch nicht denken. Theoretisch wäre Zeit genug, aber den Druck mache ich mir nicht.“ Für Benjamin Lenatz ist klar, dass er auch diesen Kampf gewinnen möchte. Den Krebs besiegen und zurück an der Startlinie sein – das wäre der größte Erfolg.

Quelle: Stefanie Sandmeier-Bücheler

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