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Als Dr. Karl Quade 1988 bei den Paralympics in Seoul als Volleyballer die Goldmedaille gewann, war Spitzensportförderung im Para Sport noch ein Fremdwort. 35 Jahre später blickt Quade in seiner Funktion als Vizepräsident Leistungssport des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS) auf eine gänzlich andere Situation und eine Entwicklung, die vor allem in der jüngeren Zeit rasant an Fahrt aufgenommen hat. Nun gibt es zwei neue Fördermöglichkeiten, von der vor allem Athlet*innen im Studium und in der Ausbildung sowie die Medaillengewinner*innen profitieren.

„Früher hätten wir noch nicht einmal von einer solchen Förderung zu träumen gewagt, da haben wir uns in der Weltspitze ohne diese Unterstützung durchgesetzt“, sagt Quade mit einem Schmunzeln, schiebt jedoch direkt hinterher: „Heutzutage ist das absolut notwendig, wir wären sonst im internationalen Kräftemessen schlichtweg nicht mehr konkurrenzfähig.“ Die weltweite Professionalisierung im Spitzensport von Menschen mit Behinderung verlange eine vielfältige und individuelle Förderung, betont Quade. „Wir haben inzwischen eine sehr solide Basis und die Athletenförderung hat sich glücklicherweise in die richtige Richtung entwickelt. Doch wir sind auch noch nicht am Ende dieser Entwicklung.“
 
Duale Karriere Berufsqualifikation (DK BQ) heißt eines der zwei neuen Fördermodule, das von DBS, Stiftung Deutscher Sporthilfe und vom Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) konzipiert wurde. Rund 35 Athlet*innen des DBS erhalten dadurch eine finanzielle Unterstützung von bis zu 1250 Euro pro Monat, die Mittel dafür stellt das BMI bereit und werden durch die Stiftung Deutsche Sporthilfe entsprechend des gültigen Förderkonzepts verausgabt. Voraussetzung ist, dass sich die Sportler*innen in einer staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsausbildung oder einen Vollzeit- oder Teilzeitstudiengang absolvieren sowie dem Nachwuchs- (NK1), Perspektiv- (PK) oder Paralympicskader (PAK) des DBS angehören. Zudem ist eine sportfachlich begründete und anhand der Zugangsvoraussetzungen positive Bewertung von der Kommission Athletenförderung erforderlich. „Gerade für junge Talente aus dem Nachwuchskader ist diese Förderung ein großer Sprung. Die deutlich höhere finanzielle Unterstützung sorgt für Sicherheit und Planbarkeit und schafft eine bessere Vereinbarkeit von Ausbildung bzw. Studium sowie Leistungssport“, erklärt Quade.
 
Mit Rollstuhlbasketballer Nico Dreimüller profitiert davon unter anderem auch ein Mannschaftssportler. „Ich bin total happy, dass ich zu diesem Kreis dazugehöre. Vor einigen Jahren habe ich noch 100 Euro an Unterstützung erhalten, jetzt ist es deutlich mehr. Das gibt mir Sicherheit und ich muss nicht noch einen Nebenjob machen, sondern kann mehr Zeit in den Sport und das Studium investieren“, erklärt der Jura-Student, der in der Rollstuhlbasketball-Bundesliga inzwischen wieder bei seinem Heimatclub Skywheelers Frankfurt spielt. „Für mich ist das auch eine gewisse Belohnung und eine Erleichterung, um den Spagat zwischen Leistungssport, Uni sowie Familie und Freunden zu meistern“, sagt Dreimüller. Zudem erlaube die Förderung dem 25-Jährigen auch, Fahrtkosten in Kauf zu nehmen, um bei den Top-Teams in Hannover, Wetzlar oder Thüringen auf hohem Niveau mitzutrainieren. „Das tut meiner sportlichen Entwicklung gut“, betont Nico Dreimüller.
 
Neu hinzugekommen ist neben der Dualen Karriere BQ auch die Eliteförderung der Sporthilfe. Dadurch haben die Top-Athlet*innen des Team Deutschland Paralympics die Chance, 400 Euro pro Monat zusätzlich zu den bereits bestehenden Fördermodulen zu erhalten. Ermöglicht wird dies durch die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland. Das Aufnahmekriterium ist ein Medaillenerfolg bei zwei aufeinanderfolgenden Wettkämpfen (Paralympics und Weltmeisterschaften) in einer paralympischen Startklasse und Disziplin, darunter in Individualsportarten ein Titelgewinn.
 
Für Deutschlands Para Sportler*innen stellen diese beiden neuen Fördermöglichkeiten zwei weitere Meilensteine in der persönlichen Unterstützung dar. Paralympische Medaillenkandidat*innen gehören dem Paralympicskader (PAK) an, wodurch Spitzensportler*innen die Möglichkeit gegeben werden soll, sich optimal auf die anstehenden Paralympics vorzubereiten und die Edelmetallträume möglichst zu erreichen. Der Perspektivkader ist ein spannender Mix aus Athlet*innen mit ganz verschiedenen Voraussetzungen und Ausgangssituationen. Dazu gehören junge Sportler*innen, die den Sprung aus dem Nachwuchsbereich geschafft haben, ebenso wie Quereinsteiger*innen, die in neuen Sportarten international angreifen wollen, sowie auch ehemalige Paralympics-Teilnehmer*innen, die nach einer Auszeit oder einer Verletzung wieder den Weg zurück zu alter Stärke finden wollen. Die dritte Säule bildet der Nachwuchskader mit aufstrebenden Talenten, die eine Teilnahme an den Paralympics als Ziel haben.
 
„Wir haben in den vergangenen Jahren dank der Unterstützung unserer Partner aus Politik, Sport und Wirtschaft sowie von Stiftungen eine Struktur geschaffen, in der viele Athlet*innen eine gute finanzielle Absicherung haben, damit sie sich neben Ausbildung und Beruf die notwendigen Freiräume für das Training und die Wettkämpfe nehmen können. Dafür sind wir sehr dankbar“, sagt Dr. Karl Quade.